In unserer vernetzten Welt sind die Erfolgsfaktoren der heutigen Produktions- und Dienstleistungsprozesse eine hohe Kooperationsbereitschaft, Kommunikationskompetenz, Stressresistenz und Flexibilität. Fehler entstehen heute seltener an der Mensch-Maschine-Schnittstelle, sondern eher auf der Beziehungs- und Kommunikationsebene. Leistungsfähigkeit in unserer Informationsgesellschaft setzt die gelungene Interaktion im Miteinander und psychischer Resilienz voraus.
Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen ̶ Pflicht oder Kür im BGM?
In allen Bereichen der Wirtschaft haben in den vergangenen Jahren psychische Belastungen ständig zugenommen. Auch die Ausfallzeiten wegen psychischen Erkrankungen stiegen kontinuierlich an. Die europäische Richtliniensetzung im Arbeitsschutz wurde dieser Entwicklung gerecht und fordert die Vermeidung psychischer Belastungen, die zu psychischer Über- und Unterforderung führen, sowie eine menschengerechte Gestaltung der Arbeit. Grundlage dafür ist eine Beurteilung der Gefährdungen bei der Arbeit, die im § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) vom 7. August 1996 vorgeschrieben und seit 2014 auch für die psychischen Belastungen von allen Betrieben durchzuführen ist. Wie dies geschehen soll, lässt der Gesetzgeber bewusst offen.
In der DIN EN ISO 10.075 werden die ergonomischen Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastungen beschrieben. Das damit verbundene arbeitswissenschaftliche Modell leitet sich aus dem Belastungs-Beanspruchungs-Konzept ab. Ähnlich wie in technisch-naturwissenschaftlichen Erklärungsmodellen wird hier beschrieben, welche Wirkung die Stärke und Dauer von Belastungen (Stressor) auf die psychische Beanspruchung (Stressreaktion) hat. Wobei auch hier analog zur Materialeigenschaft im physikalischen Prozess, die individuelle Konstitution und Ausgangslage das Wirkungsmaß mitbestimmt. Um in diesem Bild zu bleiben: Bereits vorhandene Risse und Schwachstellen reagieren auf dauerhafte Belastungen mit einer stärkeren Beanspruchung.
Die Norm unterscheidet vier Gruppen psychischer Belastungen:
- Anforderungen seitens der Arbeitsaufgabe, z.B. Konzentrationsanforderungen
- Physikalische Bedingungen, z.B. Lärm, Hitze, …
- Soziale und organisationale Faktoren, z.B. die Art der Arbeitsorganisation, Unterbrechungen bei der Arbeit, …
- Gesellschaftliche Faktoren, wie z.B. Arbeitslosigkeit
Die Wirkung von Stress kann anregend, aktivierend oder beeinträchtigend sein
Das Problem im Zusammenhang mit den Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen ist, dass der Begriff „Stress“ in unserer heutigen Zeit eher einseitig negativ verwendet wird. Als gesundheitswissenschaftliche Berater sehen wir Stress aber gleichermaßen als Ressource, die uns belebt, damit wir in entscheidenden Situationen das Beste aus uns herausholen können.
Ziel der Gefährdungsbeurteilung ist es nicht den Stress, sondern Fehlbelastungen zu vermeiden
Wir finden das für Ihren Betrieb effizienteste Verfahren zur Identifikation von psychischen Belastungsschwerpunkten, um dann mit Ihnen auf Basis dieser Ergebnisse geeignete Lösungen zur Förderung der Resilienz in Ihrem Betrieb zu entwickeln. Dabei wird die psychische Gesundheit als Ziel eines Organisationsentwicklungsprozesses gesehen.
Gesundheit ist ein Prozess und kein statischer Zustand
Der Gesetzgeber sieht ausdrücklich vor, dass man sich diesem Ziel in Teilschritten nähert. So könnte also in einem Jahr das Thema „Familienorientierung“, dann „Multitasking/Arbeitsunterbrechungen“ oder in einem Folgejahr „Kommunikation“ auf der Agenda stehen. Je nachdem, welche Schwerpunkte von Ihnen und Ihren Mitarbeitern als betriebliche „Stressthemen“ gesehen werden. Wie immer im BGM handeln wir entlang des Lernzyklus Analyse, Maßnahmeplanung, Umsetzung und Evaluation. Als Verfahren kommen bspw. in Betracht:
- Durchführung von Gesundheitszirkeln oder Expertenbefragungen
- Bereichsspezifische Fragebogenerhebung und Auswertung der erhobenen Beanspruchungen via Ampelsystem
- Einsatz von Messinstrumenten zur Erfassung der psychischen Stressoren